Grundlage für die Analyse sind die aktuell verfügbaren Wahlprogramme, beziehungsweise deren Entwürfe. Die Analyse hat keinen journalistischen Anspruch und ist natürlich subjektiv. Für eure fundierte Wahlentscheidung empfehle ich euch unbedingt die Öffentlich-Rechtlichen und Zeitungen wie Zeit, FAZ, SZ und Co.
Bündnis 90/Die Grünen treten mit Robert Habeck als Kanzlerkandidat zur Bundestagswahl 2025 an. Generell entspricht das Spitzenpersonal der Grünen beinahe komplett der aktuellen Regierungsmannschaft. Einzig die beiden Parteivorsitzenden wurden durch Franziska Brantner und Felix Banaszak ersetzt, die so unbekannt sind, dass der Fokus auf Habeck und Baerbock nur noch mehr zu nimmt.
Wirtschafts-, Finanz- und Klimapolitik
Zentraler Punkt des Wirtschaftsprogramms der Grünen ist der Deutschlandfonds. Damit sollen Zukunftsinvestitionen speziell in die Infrastruktur (Stromleitungen, Bahn, Kita, etc.) finanziert werden. Daneben soll die Stromsteuer auf das europäische Minimum gesenkt werden, eine E-Auto Förderung wieder eingeführt werden und eine Investitionsprämie in Höhe von 10 % eingeführt werden. Generell also ein umfassendes Konjunkturprogramm, dass gleichzeitig eine Steuerwirkung entsprechend der Klimatransformation entfachen soll.
Bei den Steuern bleibt das Wahlprogramm sehr unkonkret. Der Grundfreibetrag soll erhöht werden. Grundsätzlich wollen die Grünen eine Vermögenssteuer diskutieren und die Erbschaftssteuer reformieren. Der Solidaritätszuschlag soll bleiben. Es ist also allgemein ein vergleichbares Einnahmenniveau zu erwarten, für die Finanzierung des Deutschlandfonds wollen die Grünen die Schuldenbremse für Investitionen aufheben.
Sozial- und Innenpolitik
Bei der Sozialpolitik fordern auch die Grünen 15 € Mindestlohn entsprechend der EU-Verordnung, dazu eine bundesweite Mietpreisbremse und das Deutschlandticket für 49 € (statt seit Januar 2025 58 €). Das Rentenniveau soll stabil gehalten werden, eine Bürgerversicherung steht grundsätzlich auch im Wahlprogramm.
Zuletzt sorgte die Forderung von Robert Habeck nach Sozialabgaben auf Kapitalerträge für viel Aufregung. Leider war die Kommunikation wie schon beim Gebäudeenergiegesetzt sehr ungeschickt. Der Gedanke ist grundsätzlich richtig, allerdings müssten einige Probleme zuvor aus der Welt geschafft werden. Der Podcast „Die Lage der Nation“ erklärt das sehr gut.
Wie jede andere Partei schreiben sich die Grünen eine Reduzierung der Bürokratie und eine Verbesserung der Digitalisierung auf die Fahnen. Ihre klarste Forderung ist hier die Einführung einer „Deutschland App“ als zentrale Anlaufstelle für Bürger bei staatlichen Dienstleistungen.
Zuletzt fordern die Grünen als einzige Partei die Einführung des Klimagelds. Es handelt sich hierbei um die Ausschüttung der Einnahmen durch die CO2-Steuer in Höhe von ca. 12 Mrd. € gleichverteilt auf alle Bürger. Dadurch entlastet man Bürger, die weniger fossile Brennstoffe nutzen natürlich überproportional und erzeugt dadurch eine Steuerungswirkung.
Außenpolitik und Migration
Im Wahlprogramm wird das Thema Abschiebungen etwas umschifft. Einzig mehr Partnerschaften innerhalb der EU und mit globalen Süden wird gefordert. Asylverfahren sollen nicht in Drittstaaten durchgeführt werden. Die Realpolitik, die zum Beispiel im Grün geführten Baden-Württemberg eine hohe Anzahl an Rückführungen erfordert, will man dem Wähler lieber nicht aufzeigen.
Bei der Außenpolitik stellen sich die Grünen hart gegen China und Russland auf. Europa steht im Zentrum der Außenpolitik. Bei den Ausgaben für die Bundeswehr lehnt sich Robert Habeck am weitesten aus dem Fenster und fordert 3,5 % statt den aktuellen 2 % des BIP. Damit würde man sich der Trump Forderung von 5 % deutlich annähern. Wer hätte das jemals bei den Grünen gedacht.
Bewertung
Die Grünen haben ein eher unspektakuläres Wahlprogramm geschrieben. Die meisten Forderungen sind bekannt, der Wirtschaft will man primär bei zukunftsfähigen Investitionen und durch eine funktionierende Infrastruktur wieder auf die Beine helfen. Eine linke bzw. soziale Politik ist in Teilen erkennbar, jedoch wenig ausgeprägt und kaum konkret. Positiv ist aus meiner Sicht das Klimageld.
Schwierig sehe ich dagegen, dass die Grünen auf die desaströse Ampel-Bilanz mit erschreckenden handwerklichen Fehlern speziell durch die eigene Partei (Beispiel Heizungsgesetz) nicht wirklich reagieren. Sie schicken das gleiche Team ins Rennen und die Bürger sollen sich von einem Robert Habeck am Küchentisch besäuseln lassen. Es mag stimmen, dass das Heizungsgesetz – um bei dem Beispiel zu bleiben – richtig und wichtig ist. So sehr, dass es mittlerweile auch die Wirtschaft behalten will. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Kommunikation und die fachliche Erarbeitung des Gesetzes dem Klimaschutz und seiner Akzeptanz in Deutschland einen Bärendienst erwiesen haben.