Grundlage für die Analyse sind die aktuell verfügbaren Wahlprogramme, beziehungsweise deren Entwürfe. Die Analyse hat keinen journalistischen Anspruch und ist natürlich subjektiv. Für eure fundierte Wahlentscheidung empfehle ich euch unbedingt die Öffentlich-Rechtlichen und Zeitungen wie Zeit, FAZ, SZ und Co.
Für das Bündnis Sahra Wagenknecht steht aktuell nur ein Kurzwahlprogramm zur Verfügung. Mit Umfragewerten über fünf Prozent liegen sie allerdings auch ohne Programm deutlich vor den Linken und der FDP. Daher muss man die populistische Abspaltung der Linkspartei auch ernst nehmen, wie spätestens die Ergebnisse der Landtagswahlen in Ostdeutschland gezeigt haben.
Wirtschafts-, Finanz- und Klimapolitik
Bei der Wirtschafts- und Finanzpolitik bleibt das Programm des BSW recht vage. Man will die Schuldenbremse abschaffen, es soll eine Steuerreform geben und speziell bis zur Mittelschicht entlastet werden. Grundsätzlich angelehnt am Programm der Linken, allerdings ohne konkrete Zahlen.
Die Wirtschaft soll durch das Abschaffen jeglicher Klimapolitik angekurbelt werden. Der CO2 Preis soll entfallen, Netzentgelte ebenfalls – generell will der BSW weg von erneuerbaren Energien und zurück zu den fossilen Brennstoffen. Dazu passt die Rücknahme des Verbrennerverbots und des Heizungsgesetzes. Klimapolitik alá Trump also.
Sozial- und Innenpolitik
Bei der Sozialpolitik gibt es auch eher wenig konkretes, 15€ Mindestlohn und eine Mindestrente von 1500€, dann noch die Verringerung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Auch das kostenlose Mittagessen in Schulen und Kitas kennen wir schon. Entgegen dem Linken-Wahlprogramm soll noch die Grunderwerbssteuer für das erste Eigenheim entfallen.
Die Digitalisierung – speziell in der Bildung – wird sehr kritisch gesehen und vor dem ersten Schuljahr sollen Sprachtests eingeführt werden. Einen eigenen Agendapunkt hat die Aufarbeitung von Corona erhalten. Was grundsätzlich ein wichtiger Punkt ist, driftet spätestens bei dem Punkt Impfschäden leider etwas in die Verschwörungstheoretiker-Richtung ab.
Außenpolitik und Migration
Neben Corona ist die Friedenspolitik beim BSW ein Schwerpunkt. Ähnlich wie die Linke fordert das BSW einen Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine und sofortige Aufnahme von Verhandlungen. Die Schuld für den russischen Angriffskrieg wird bei der NATO gesucht. Verzweifelt versucht die Partei von Sahra Wagenknecht jede Schuld von Putin zu weisen. Man will schließlich wieder sein Gas.
Beim letzten Themenschwerpunkt des BSW geht es, wie es sich für eine populistische Partei gehört, natürlich um Migration. Hier wird mit der erhöhten Kriminalität durch Ausländer Angst geschürt. Der Punkt ist allerdings grundsätzlich valide – etwa 34 % der Straftaten in Deutschland werden durch Nichtdeutsche begangen, bei einem Ausländeranteil von ca. 15 %. Die Gründe dafür sind natürlich mannigfaltig: Die Kriminalität ist bei sozial benachteiligten Gruppen generell höher, hier werden auch Nichtdeutsche ohne Wohnsitz in Deutschland mit einbezogen, Straftaten wie illegaler Grenzübertritt kann nicht durch Deutsche erfolgen etc. Trotzdem handelt es sich um ein Problem, das unbedingt angegangen werden muss.
Die Lösungen des BSW sind allerdings nicht eine bessere Integration, sondern vor allem eine größere Härte gegen Migranten. Dazu soll die Anzahl der neuen Flüchtlinge gesenkt werden. Der Ansatz des BSW sind Asylverfahren in Drittstaaten – das klingt zunächst gut, ist aber wohl kaum rechtssicher umsetzbar und damit nur eine Scheinlösung.
Bewertung
Eine zweite große populistische Partei, darauf haben wir alle gewartet. Wie auch die AfD bietet das BSW scheinbar einfache Lösungen auf unsere vielfältigen Probleme. Sie zeichnen ein Bild, indem man in eine Zeit des Wirtschaftswunders zurück kann und ignorieren heutige Realitäten. Dann wird mit der erhöhten Ausländerkriminalität Angst gemacht. Reine Statistiken helfen aber nicht, das Problem zu lösen. Als Beispiel: Weit mehr als 80% der Straftäter in Deutschland sind Männer – bei der 50 % Anteil der Bürger in Deutschland.
Das BSW ist auch ein Grund, warum ich euch bitte, euch nicht nur auf den Wahl-O-Mat zu verlassen. Wer zum Beispiel eine härtere Migrationspolitik will und gleichzeitig einen Fokus auf soziale Gerechtigkeit, dafür aber wenig Wert auf Klimapolitik legt, bekommt hohe Zustimmungsquoten für das BSW. Man landet dann aber bei einer Partei, die aus der NATO austreten will und Putin die Stiefel leckt.